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Brief des Herausgebers

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen!

Ausgabe 1-2/2017 des Journals für Kardiologie befasst sich schwerpunktmäßig mit den Herzkathetereingriffen in Österreich aus dem Jahre 2015 und vergleicht in vielen Beispielen Österreich mit der Schweiz und mit Deutschland. Auch die Entwicklung der Eingriffe über die letzten Jahre wird genau beschrieben. Herrn Univ.-Prof. Dr. Volker Mühlberger und seinem Koautorenteam sind wir österreichische Kardiologen zu großem Dank für diese Information verpflichtet, die im internationalen Vergleich ihr Pendant sucht. Die üblichen Rubriken, Fallberichte, Aktuelles und Pharma-News ergänzen die vorliegende Ausgabe.

Mit den besten Grüßen und viel Erfolg im Neuen Jahr,

Univ.-Prof. Dr. Kurt Huber

Quelle:KUP-Verlag, Seite 5 (3 von 4)

Tiroler Tageszeitung
Im Auftrag der Ärztekammer für Tirol

WIE FUNKTIONIERT EIN HERZKATHETER?

Ein HERZKATHETER ist ein ca. zwei Millimeter dicker und ca 1,5 Meter langer Plastikschlauch, der über den Weg einer Vene oder einer Schlagader in das menschliche Herz eingeführt wird. Als Herzkatheter bezeichnet man auch jene Untersuchung, die auf einem Operationstisch unter örtlicher Betäubung des Patienten erfolgt. Eine gezielte Führung des Katheters wird dabei erst mit Hilfe einer Röntgendurchleuchtung möglich. Die spezielle Röntgenanlage kostet ca 1 Million Euro und sollte alle 7 Jahre erneuert werden.

Eine Herzkatheteruntersuchung kann nur von einem speziell ausgebildeten Arzt, der in Österreich ausserdem Facharzt für Innere Medizin und Zusatzfacharzt für Kardiologie sein muss, vorgenommen werden. Eine herzchirurgische Abteilung in der unmittelbaren Nähe einer Herzkatheteranlage ist immer von Vorteil, heute weniger zur Behebung von Komplikationen, sondern immer häufiger zur zusätzlichen Weiterbehandlung von akut erkrankten Patienten.

Der Arzt Werner Forssmann hat in einem "Selbstversuch" im Jahr 1929 die Möglichkeit, Schläuche in das menschliche Herz zu schieben, demonstriert. 2006 wurden in österreich 50.667 "Linksherzkatheter" und zusätzlich 19.263 Ballondehnungen (90% davon mit Gefässstütze ("stent") durchgeführt. Aktuell gibt es in österreich 36 Herzkatheterzentren für Erwachsene und 4 für Kinder, die exakten Zahlen werden laufend im Internet publiziert (http://iik.i-med.ac.at). Eine seit 1989 vorbildliche Qualitätsvorsorge in Österreich ermöglicht Patienten aktuelle Informationen und Aufklärung.

Quelle: Tiroler Tageszeitung; Mittwoch 18.06.2008; Seite 21

WER BENÖTIGT EINEN HERZKATHETER?

Die Patienten, denen mit einem Herzkatheter geholfen werden kann, lassen sich in die vier folgenden Gruppen einteilen: Jene mit Erkrankungen der Herzkranzgefäße, der Herzklappen, des Herzmuskels oder der elektrischen Leitungen im Herzen.

Erkrankungen der Herzkranzgefäße sind weitaus der häufigste Zuweisungsgrund für eine Herzkatheteruntersuchung, wobei die Darstellung der Herzkranzgefäße durch Einspritzen eines Kontrastmittels als Koronarangiographie bezeichnet wird und zur Folge hat, daß verengte Herzkranzgefäße gegebenenfalls mit einem Ballon aufgedehnt werden können. Diese Dehnungen werden unter der Bezeichnung PTCA (Perkutane Transluminale Coronare Angioplastie) zusammengefaßt. Wenn zusätzlich eine Metallhülse eingebracht wird, spricht man von einer STENT-Implantation (der Begriff "stent" stammt aus dem Englischen und bedeutet soviel wie "Stütze"). Druck oder Brennen auf der Brust bei Belastung sind die häufigsten Indikationen für solche Eingriffe.

Erkrankungen der Herzklappen und/oder des Herzmuskels können heute schon sehr gut mit Ultraschall (ECHO-Kardiographie) abgeklärt werden, sodaß hierfür Herzkatheteruntersuchungen nur mehr selten notwendig werden.

Erkrankungen der elektrischen Leitungen des Herzens (sogenannte Herzrhythmusstörungen) sind zunehmend Ursache, einen Herzkatheter mit eingebautem, elektrischen Kabel anzuwenden, vor allem mit dem Ziel, unangenehme Palpitationen ("Herzstolperer", "Herzrasen") erfolgreich und endgültig zu beseitigen. Zu diesem Zweck wird die krankhafte elektrische Leitung im Herzen durch Stromabgabe unterbrochen (Ablation).



Kalk ist nicht gleich Kalk, CT ist nicht gleich CT, Stent ist nicht gleich Stent

Bereits Tut-Ankh-Amun, aber auch "unser Ötzi" , hatten verkalkte Herzkranzgefäße, obwohl beide unseres Wissens das vierzigste Lebensjahr nicht erreicht haben. Den Koronarkalk der beiden kennt man, weil beide durch eine schnelle Computertomographie, also mit rotierenden Röntgenstrahlen untersucht worden waren und bei dieser "nicht-invasiven" Diagnostik der sogenannte Kalziumscore, also die Gesamtkalkmenge der Herzkranzgefäße bestimmt worden war. Mit dieser auch als Spiral-CT bezeichneten Untersuchung kann man heute mit nur relativ geringer Strahlenbelastung beim Patienten zwar nicht die eigentlichen Engstellen, aber die sehr oft einer Verengung aufgelagerten Verkalkungen feststellen.

Es gibt auch Engstellen der Herzkranzgefäße, die nicht verkalken und die man folglich mit dieser Untersuchung nicht sieht und es gibt auch Verkalkungen, die nicht einengen, also keine unmittelbare Gefahr darstellen. Durch eine zusätzliche Kontrastmittelgabe über eine Armvene ist es seit einigen Jahren (ca 2005) möglich, auch Verengungen der Herzkranzgefäße durch eine schnelle Computertomographie (mindestens 64-Zeiler) mit zunehmender Treffsicherheit zu identifizieren. Die Genauigkeit einer Herzkatheteruntersuchung (Koronarangiographie) ist größer und vor allem stört ein eventuell bereits implantierter Stent (Metall-Innenprothese) oder aber auch eine massive Verkalkung nicht das Schlagschattenbild der Herzkatheteruntersuchung. Bei der schnellen Computertomographie stört sowohl ein bereitsimplantierter Stent, als auch eine massive Verkalkung diese Form der Bildrekonstruktion.

Somit sind diese Untersuchungen kein Ersatz für die Koronarangiographie, aber eine wertvolle Voruntersuchung, die in gewissen Fällen einen Herzkatheter verhindern oder zumindest verschieben hilft. Bei der Koronarangiographie wird das Innenlumen der Herzkranzgefäße mit Herzkatheter dargestellt und bei Bedarf in einem Akt mit einem Stent versehen, der heute eine Beschichtung (DES - drug eluting stent) zur Verhinderung der neuerlichen Einengung trägt.



Kann man einen Herzinfarkt erben?

Neueste wissenschaftliche Ergebnisse lassen darauf schliessen, dass die Neigung zu einer Erkrankung der Herzkranzgefässe, die sich in Form von Angina Pectoris oder in Form eines Herzinfarktes äussert, vererbt werden kann. Diese Erkenntnis an sich ist nicht neu, wusste man doch immer schon, dass in bestimmten Familien Herzinfarkte oder Schlaganfälle vermehrt auftreten. Neu aber ist die Entdeckung, dass über einen bestimmten sogenannten "Genlokus", z.B. über das Chromosom 9p21.3 (SNP, rs1333049) jene Information weitergegeben wird, die krankheitsfördernd wirkt. Es handelt sich um eine Art Mutation ganz bestimmter einzelner "Molekülkerne" (single-nucleotide polymorphism = SNP), die in mehreren Studien bei einer großen Anzahl von Erkrankten (n=>2800) und Gesunden (n=>4500) immer an der gleichen Stelle vorhanden war oder aber eben nicht zu finden war. Ermöglicht werden heute derartige Forschungen mit Hilfe des sogenannten GeneChip Human Mapping Array, also einer systematischen Durchforstung tausender in Frage kommender Orte auf den Genen (Genloci).

Vier weitere solche Genorte waren in der Kombination von zwei Studien (Wellcome Trust Case Control Consortium und German Myocardial Infarction Family Study) jeweils mit hoher Wahrscheinlichkeit für die Vererbung von Herzinfarktneigung verantwortlich. Die Publikation der Originaldaten erfolgte im New England Journal of Medicine am 2. August 2007. Konsequenz wird der Versuch einer positiven Beeinflussung dieser Tatsachen sein. Denn Beginn haben wir schon gesetzt mit Hilfe der Reduktion der bekannten Risikofaktoren wie Rauchen und Cholesterin. Und dennoch darf man sich natürlich für die Zukunft weitergehende Verbesserungen erwarten.